Weitere Grabung in Zellhausen
Die sechste Grabungskampagne der Unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach und des Geschichts- und Heimatvereins Mainhausen an der mittelalterlichen Siedlung im Umfeld der ehemaligen Zellkirche steht kurz vor dem Abschluss. Auf zwei Grabungsflächen wurden mittelalterliche Siedlungsspuren freigelegt, die die wechselvolle Geschichte dieses Platzes belegen. Die Fundstücke wie Keramik, Tierknochen, Metallteile sowie einige Münzen streuen zeitlich von der Römerzeit bis in das hohe Mittelalter.
Derzeit wird ein Stück einer Mauer freigelegt, die den ehemaligen Friedhof an der Kirche umgab. Auch einige Bestattungen konnten ausgegraben werden. Von der Untersuchung der Skelettreste erhoffen sich die Archäologen eine Antwort auf die Frage, wann der Friedhof benutzt wurde und wer dort bestattet sein könnte. Zellhausen als Filiale der Pfarrei Seligenstadt hatte bis Ende des 19. Jahrhunderts keinen eigenen Kirchhof. Die Zellkirche wird 1344 erstmals erwähnt und im frühen 19. Jahrhundert abgebrochen. 2010 und 2014 hatte das Grabungsteam bereits außerhalb des Friedhofs Gräber aus karolingischer Zeit freigelegt. Diese und ein ebenfalls 2010 entdeckter Steinkeller mit hochwertigen Fundstücken belegen eine hochadlige Besiedlung in der Zeit von Einhard, dem Gründer des Klosters Seligenstadt.
Spätestens im 10. Jahrhundert umgab ein über zwei Meter tiefer Befestigungsgraben die Anlage, der auf der zweiten Grabungsfläche angeschnitten wurde. Er war einer heute weitgehend verschwundenen Mauer vorgelagert, die teilweise in den Graben gestürzt ist. Eigentlich hatten die Archäologen gehofft, auf der Fläche eine Toranlage zu finden, bisher wurden aber noch keine Hinweise darauf entdeckt. Stattdessen wurden große Mengen an Eisenschlacke geborgen, die einen Hinweis auf Metallverhüttung am Rande der Siedlung geben. Der Fund von zwei sogenannten Spinnwirteln, den „Schwungrädern“ an Handspindeln belegt die häusliche Textilherstellung.
„Dem Einsatz der ehrenamtlichen Mitarbeiter aus dem ganzen Kreisgebiet sowie eine Gruppe von sechs Fachstudenten aus Marburg, die bei Temperaturen von fast 40 Grad mit großer Leidenschaft bei der Sache sind,“ lobt Landrat Oliver Quilling, „sind diese interessanten Einblicke in die Vergangenheit unseres Kreises zu verdanken.“ Wer mal eine Pause von der schweren Arbeit braucht, kann die Fundstücke gleich an der Grabungsfläche waschen. Das Wasser hierzu und auch zum Wässern der steinhart ausgetrockneten Fläche stellt der angrenzende Landwirt kostenlos zur Verfügung. Auch die Baggerarbeiten werden kostenfrei durchgeführt. „Ohne diese jahrelange Zusammenarbeit von Kreisbehörde, Geschichtsverein und den Freiwilligen, die teilweise ihren Urlaub opfern, um mit zu graben sowie die Einwilligung der Grundstückseigentümer und Landwirte“, so der Landrat und die Bürgermeistern Ruth Disser weiter, „könnte diese für die mittelalterliche Regionalgeschichte äußerst bedeutende Fundstelle nicht untersucht werden.“
Die Ergebnisse der Grabungskampagne 2009 bis 2012 haben Verein und Denkmalschutzbehörde in einem im Herbst 2014 erschienenen Buch vorgelegt. Die Grabungsberichte sind auf der Homepage des Vereins (www.ghv-mainhausen.de) einzusehen. Anselm Wagner, einer der Marburger Studenten, wird seine Masterarbeit über die Grabungen schreiben; auf seine Schlussfolgerungen darf man gespannt sein.