Rede der Bürgermeisterin zum Volkstrauertag 2014
Frieden fängt bei uns an: In unserer Gemeinde - durch Respekt
Der Volkstrauertag – einmal im Jahr.
Einmal im Jahr halten wir inne im Tagesgeschäft, um der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken.
Einmal im Jahr darf ich erinnern und appellieren.
Einmal im Jahr haben wir die Chance, uns zu besinnen, die Kräfte zu sammeln, um dann von hier aus weiterzuarbeiten an dem, was uns am Herzen liegt. Und mir liegt die umfassende, friedliche Entwicklung des Lebens in unserer Gemeinde am Herzen. Denn Frieden fängt bei uns an!
Diejenigen unter uns, die den Zweiten Weltkrieg am eigenen Leib erfahren haben, ob als Soldat oder Zivilist, ob als Mann, Frau oder Kind, werden immer weniger.
Die Zeit, in der, von Deutschland ausgehend, ein schrecklicher Weltenbrand den Menschen hier in Europa und in weiten Teilen der Welt unsägliches Leid brachte, liegt viele Jahre zurück, beinahe so lang, wie ein gesundes Menschenleben dauert.
Diejenigen unter uns, die den Krieg am eigenen Leib erlebt haben, gehen von uns. Und manche von ihnen nehmen das Grauen, das sie erlebt haben, mit sich, denn unsagbar war das Erlebte.
Manche von uns waren Kinder, als sie hungerten, froren, den Vater im Krieg verloren, die Mutter ums nackte Überleben kämpfen sahen und selbst darum kämpfen mussten. Die Gewalt, die Angst, die sie erlebt haben – auch die findet oft keinen Weg nach außen.
Die Nachgeborenen, zu denen auch ich gehöre, spüren das Ungesagte, fühlen das Unverständliche und können das Gehörte kaum fassen. Und wenn heute unsere Kinder und Enkel fragen: „Was ist Krieg?“ – was antworten wir dann?
Aber vielleicht fragen sie gar nicht. Vielleicht wissen auch sie es schon viel zu früh. Von den Bildern aus dem Fernsehen, dem Internet, der Zeitung.
Vielleicht aber auch von dem Kind aus der Schule, der Nachbarschaft. Denn seine Eltern sind nach Deutschland gekommen aus einem Krisengebiet, vielleicht aus dem ehemaligen Jugoslawien, dem Nahen Osten oder aus Afrika.
Auch unsere Kinder wachsen mit Krieg auf. Wenn sie ihn nicht am eigenen Leib erleben, so doch an der eigenen Seele.
Die Ausläufer der Kriege in der Welt sind auch in einer ganz anderen, erschreckenden, Form in unserem Land zu spüren.
In vielen Orten gibt es etwas, was vor vielen Jahren den Krieg, die Verfolgung, die Konzentrationslager und die vielen Morde erst möglich gemacht hat: Die Fremdenfeindlichkeit mit den unterschiedlichsten Ausprägungen. Mal versteckt und durch Fingerzeig, mal ganz offen mit Gewalt und Terror.
Hier bei uns in Mainhausen erleben wir es heute noch anders.
Wir haben unsere Flüchtlinge freundlich aufgenommen. Eine Welle der Hilfsbereitschaft war und ist zu spüren.
Viele sind auf die Menschen, die so viel Leid hinter sich haben, zugegangen.
Und sie können mir glauben, die Erlebnisse dieser Menschen unterscheiden sich nicht sonderlich von dem, was wir über die Zeit vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg wissen. Und auch damals gab es Flüchtlinge, die froh waren Sicherheit und Freundschaft zu finden.
Ein Dach über dem Kopf, Menschen, die es gut meinen, die Chance sich einzubringen und ein Leben in Frieden und Sicherheit.
Ich bin sehr stolz, dass wir in Mainhausen so fair und engagiert mit der Situation umgehen und ich bin Ihnen, den Mainhäusern, unendlich dankbar.
Denn in dieser Umgebung, in der Umgebung die wir schaffen, wachsen unsere Kinder auf.
Und hier bei uns hat Fremdenfeindlichkeit keinen Platz, nicht auf der Straße, nicht in der Politik und nicht am Stammtisch.
Darauf hoffe und dafür bete ich.
Und ich bin überzeugt, wenn wir uns in Mainhausen auch weiterhin respektvoll, mit Achtung und Verständnis, entgegentreten, dann hat Jeder seine Chance und Jeder kann in Frieden und Sicherheit leben.