Kraftwerk Staudinger:
Neue Lücken in Raumordnungsunterlagen verletzen Beteiligungsrecht der Bürger - neue Auslegung in 45 südhessischen Gemeinden gefordert
In den im Januar 2009 in 45 südhessischen Städten und Gemeinden ausgelegten Unterlagen zum Raumordnungsverfahren für den geplanten Kohleblock 6 sind neue gravierende Lücken aufgetaucht
Ermittlung des Eingriffs in das Landschaftsbild fehlt
Rechtsanwalt Matthias Möller-Meinecke, der die Städte Hanau und Alzenau sowie die Gemeinde Hainburg, aber auch zwei Bürger in dem Verfahren vertritt, erläuterte, daß „die Untersuchungen der Wirkungen des Kohlekraftwerkes und seiner Varianten auf das Landschaftsbild (Anlage 4 zum Arcadis-Bericht „Zusatzbewertung Landschaftsbild") abweichend von dem von E.ON-Gutachtern formulierten Inhaltsverzeichnis nicht öffentlich ausgelegt wurden".
Diese fehlenden Aktenteile machen nach der fachlichen Bewertung des Rechtsanwaltes „dem Bürger eine Bewertung der Schädigung des Landschaftsbildes etwa durch den 180 Meter hohen Kühlturm unmöglich, denn die Wirkung eines solch beispiellos hohen Gebäudes (der Kühlturm des Blockes 5 ist „nur" 140 Meter hoch) und seiner Rauchschwaden auf das es umgebende Landschaftsschutzgebiet ist dem Laien schwer vorstellbar."
Bereits am 16. Januar 2009 war bekannt geworden, daß die Unterlagen zur Prüfung der Eignung des Standortes und der räumlichen Alternativen fehlten. Damals verweigerte das Regierungspräsidium eine Wiederholung der Auslegung mit dem Hinweis, die Prüfung sei in einem anderen Ordner zusammengefasst gewesen. „Dieses rechtswidrige Verweigern hilft nun nicht weiter, weil die Visualisierungen des Eingriffs in das Landschaftsbild in allen Ordnern fehlen", erläuterte Möller-Meinecke
Neue Auslegung in 45 Kommunen gefordert
In seinem Schreiben vom 03.02.2008 an das Regierungspräsidium rügt der Anwalt das Fehlen von 15 weiteren entscheidungserheblichen Unterlagen - siehe Anhang zu dieser PE - und fordert eine Wiederholung der öffentlichen Auslegung der zu ergänzenden Unterlagen in den 45 Kommunen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Fehlen von Unterlagen, die die Verständlichkeit beeinträchtigen dazu führt, "dass der Plan seiner Funktion, den Planbetroffenen Art und Ausmaß ihrer Betroffenheit zu verdeutlichen, nicht voll gerecht wird." (BVerwG Beschluss vom 11. August 2006, Az. 9 VR 5/06).
Unterlagen Lückenhaft wie ein Sägeblatt - Landesregierung verletzt Pflichten
Möller-Meinecke bewertet die Unterlagen als "lückenhaft wie ein Sägeblatt" und kritisiert, daß das Regierungspräsidium seiner Kontrollpflicht als Antragsteller gegenüber den von E.ON zusammengestellten Unterlagen nicht nachgekommen sei: „Die Landesregierung hat das Raumordnungsverfahren von Amts wegen eingeleitet und muß die Antragsunterlagen daher selbst verantworten. Sie hat alle Aufgaben an E.ON delegiert und damit den Bock zum Gärtner gemacht. Sie ist nicht mehr Herr des Verfahrens, denn sie kontrollierte nicht einmal die Vollständigkeit der ausgelegten Unterlagen.
Zehntausende Betroffene
Betroffen von dem Eingriff in dem vom, Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundrecht auf Beteiligung an dem Raumordungsverfahren sind Zehntausende von Bürgern in Aschaffenburg, Alzenau, Breuberg, Bruchköbel, Darmstadt, Dietzenbach, Erlenbach am Main, Frankfurt am Main, Hanau, Hainburg, Hattersheim am Main, Heusenstamm, Kelsterbach, Langenselbold, Maintal, Mühlheim am Main, Obernburg am Main, Obertshausen, Offenbach am Main, Rödermark, Rodgau, Erlensee, Eppertshausen, Freigericht, Glattbach, Großkrotzenburg, Großwallstadt, Haibach, Höchst im Odenwald, Kahl am Main, Karlstein am Main, Kleinostheim, Markt Kleinwallstadt, Kriftel, Mainaschaff, Markt Elsenfeld, Markt Groß-Ostheim, Markt Stockstadt am Main, Messel, Mömlingen, Niedernberg, Rodenbach, Markt Sulzbach am Main und Wörth am Main.
Mustereinwendung mit 27 neue Textbausteinen digital ergänzt
Die Kommunen Hanau. Alzenau und Hainburg stellen ihren Bürgern im Internet Mustereinwendungen gegen das Kohlekraftwerk unter www.KKS.Moeller-Meinecke.de/Einwand/ als Service zur Verfügung. Heute wurden diese Texte um 27 Bausteine ergänzt. Neben den angesprochenen Lücken der Unterlagen steht der fehlende Bedarf für ein Kohlekraftwerk im Mittelpunkt der Ergänzungen.
Auch unter konservativen Annahmen steht, so Möller-Meinecke, „im Jahre 2020 zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast ohne das Kohlkraftwerk Block 6 bundesweit ausreichend gesicherte Kraftwerksleistung zur Verfügung. Denn rund zwei Drittel der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (189 TWh) werden durch die Windenergie und Sonnenstrahlung erbracht werden. Die Auslastung aller Kondensationskraftwerke geht bis 2020 erheblich zurück. Die Mindererzeugung betragen gegenüber 2007
37 Prozent für Braunkohle 21 Prozent für Steinkohle
12 Prozent für Erdgas 94 Prozent für Atomenergie."
Über die Anfang 2009 in Bau befindlichen Kraftwerksprojekte hinaus besteht kein Bedarf für neue fossile Kraftwerke, um 2020 eine sichere Stromversorgung in Deutschland zu gewährleisten. Überflüssig sind neben Staudinger Block 6 auch 28 weitere, geplante neue Kraftwerke,