Grußwort Neujahrsempfang Gewerbeverein
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder des Mainhäuser Gewerbevereins,
es ist mir auch heute wieder eine ganz besondere Ehre, dass Sie mir die Möglichkeit für ein Grußwort geben und dafür danke ich Ihnen sehr herzlich.
Der heutige Neujahrsempfang hat ein ganz besonderes Thema.
Allein der Punkt eine „Krise als Chance" zu begreifen ist sicherlich ein für Alle interessantes und wichtiges Thema und es gilt für Unternehmen ebenso, wie für die öffentliche Hand.
Der frühere Bundespräsident Richard von Weizäcker hat uns in diesem Zusammenhang mal erklärt, dass wir „von den Chinesen viel lernen können. Sie haben für Krise und Chance dasselbe Schriftzeichen".
Bitte fragen Sie mich nicht welches Schriftzeichen, da muss ich Herrn von Weizäcker voll und ganz vertrauen. Und Vertrauen gehört ebenfalls zur Chance.
Wobei ich weiß, dass Politik und Vertrauen nicht unbedingt zusammen gehören. Und die Verantwortung dafür liegt einzig und allein bei der Politik und bei den Politikern und da nehme ich mich nicht raus.
Aber gerade die Öffentliche Hand, und da meine ich alle Ebenen, muss die vorhandene Krise als Chance zum Umdenken sehen und die Politik muss diese Chance nutzen.
Dazu gehört es, dass die Dinge beim Namen genannt werden,
dass die Aufgabenstellung und die Aufgabenverteilung geprüft werden und dass alles, wirklich alles, auf den Prüfstand muss.
Alle politischen Ebenen müssen meines Erachtens nach der Notwendigkeit geprüft werden.
Die Landesverfassung legt die Selbstverwaltung der Kommunen fest, aber brauchen wir darüber die Kreise, die Regierungspräsidien, den Planungsverband, das Bundesland und dann den Bund.
Kann man die vorhandenen Strukturen nicht straffen, Verwaltungsstellen zusammenfassen und Aufgaben bündeln?
Brauchen wir tatsächlich so viele Bundesländer mit der jeweiligen Regierung und den Parlamenten?
Ist die Größe der Parlamente, also die Zahl der Abgeordneten noch haltbar?
Mainhausen hat hier m. E. einen Schritt in die richtige Richtung getan.
Vielleicht einfach mal die konkrete Frage:
Wie viel Staat brauchen wir tatsächlich?
Welche Aufgaben muss eine Kommune erfüllen?
Und, angesichts der Finanzsituation, die wichtigste Frage: Verwenden wir die öffentlichen Mittel richtig?
Es kann nicht mehr verteilt werden, als vorhanden ist.
Also muss jede Ausgabe auf den Prüfstand und zwar richtig.
Jeder Euro muss möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern Nutzen bringen.
Stefan Zweig stellt fest, dass „jede Krise ein Geschenk des Schicksals an den schaffenden Menschen ist".
Dieses Geschenk des Schicksals muss Politik und die Gesellschaft annehmen und sicher wird vieles getan werden müssen, was weh tut.
Dem Einen mehr, dem Anderen weniger.
In jedem Fall muss etwas passieren, damit unsere Gemeinde und unser Land auf die Probleme der Zukunft reagieren können.
Wir hören gleich noch etwas zum Demografischen Wandel.
Ein anstehendes Zukunftsproblem, dessen wir uns heute noch gar nicht bewusst sind.
Der Hessische Rechnungshof führt derzeit eine sogenannte vergleichende Prüfung verschiedener Kommunen durch. Mainhausen ist eine dieser geprüften Kommunen und ich bin sehr froh darüber.
Denn heute müssen wir die Weichen stellen, um auch der Zukunft gewachsen zu sein.
Zurzeit liegt uns eine vorläufige Prüfungsfeststellung vor in der es heißt:
„Der demografische Wandel ist unumkehrbar. Der demografische Wandel betrifft alle geprüften Kommunen, allerdings in unterschiedlichem Maße. Ausgehend von 9121 Einwohnern im Jahre 2008 ist nach der vorliegenden Prognose in der Gemeinde Mainhausen bis zum Jahr 2050 mit einem Rückgang von 538 Einwohnern zu rechnen."
Das klingt zunächst nicht so dramatisch. Und 2050 ist noch lange hin.
Ich werde dann 85 Jahre alt, wenn ich überhaupt so alt werde.
Ganz provozierend gesagt: Was muss mich das dann noch interessieren?
Aber wenn wir es anders rum betrachten, also aus einem anderen Blickwinkel.
Aus Sicht unserer Kindergartenkinder. Die sind dann Anfang 40 und es sind einige weniger als heute.
Sicher sehen die Prognosen für Mainhausen noch gut aus. Unser Altersdurchschnitt steigt bis 2025 von 41 auf 42 Jahren, sagt die Berthelsmann-Stiftung. Nicht viel.
In anderen Kommunen ist es schlimmer und in der gesamten Bundesrepublik wird sich diese Veränderung auswirken.
Daran gekoppelt sind nicht nur die Fragen der Sozialleistungen und der Rente. Kommunen müssen planen. Wie viele Kindergartenplätze brauchen wir noch, was passiert mit den leer stehenden Gebäuden, was kann und muss im Bereich der Seniorenarbeit geleistet werden?
Sind Investitionen im Bereich Straße, Kanal, Wasser usw. noch finanzierbar. Wie teuer werden die Gebühren, wenn immer weniger Menschen die vorhandenen Anlagen nutzen?
Ich bin oft gefragt worden, warum die Müllgebühren steigen, wenn doch durch das Trennen und die Vermeidung weniger Müll anfällt.
Genauso wird sich das auf alle anderen Dinge des täglichen Lebens auswirken.
Und das trifft Kommunen in Nord- und Mittelhessen früher, bundesweit trifft es uns alle aber schon bald und stetig.
Also nochmal: Gerade die Öffentliche Hand, und da meine ich alle Ebenen, muss die vorhandene Krise als Chance zum Umdenken sehen und die Politik muss diese Chance nutzen.
Und da ich, als bekennender Optimist, meist positiv denke wiederhole ich einen Teil meiner Rede zum Amtsantritt:
Mainhausen ist und Mainhausen liegt klasse.
Mainhausen hat viel zu bieten, bei uns ist es einfach.
Wir erfüllen die Voraussetzungen, die Familien und die Unternehmen brauchen.
Und wir schaffen es auch, die heutigen Probleme, zu meistern. Denn wer oder was bitteschön sollte uns davon abhalten.
Sobald das Prüfungsergebnis des Rechnungshofs vorliegt wird sich die Gemeindevertretung sehr eingehend mit dem Thema Demografischer Wandel beschäftigen müssen und ich lade Jeden herzlich ein, sich zu beteiligen.
Ich für meinen Teil nehme den heutigen Vortrag als Startsignal und bin schon sehr gespannt, was uns erwartet.
Herr Dievernich, ich bin bewaffnet, mit Papier und Kulli. Ich nehme jede Anregung gern mit und danke Ihnen schon jetzt für dieses wirklich interessante Thema.