Fachkräftemangel in Kitas steigt immer weiter
In Mainhausen sind weiterhin noch Stellen unbesetzt
„Ab August 2013 hat jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Anspruch auf Betreuung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege“. Vollmundig klang damals das Versprechen der Bundesregierung. Und schon Jahre vor der Einführung dieses Rechtsanspruches meldeten damals Experten ihre Zweifel an und prognostizierten, dass ein Fachkräftemangel im Bereich der Kinderbetreuung entstehen wird.
Jetzt, fast sechs Jahre später, kann die Bundesregierung das damalige Versprechen noch immer nicht erfüllen. Trotz milliardenhoher Investitionen hinkt das Angebot dem sehr großen Bedarf nach. Auf der Homepage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln kann man lesen, dass im gesamten Bundesgebiet 300.000 Kita-Plätze fehlen. Eine Grafik auf der Seite zeigt auch ganz deutlich, dass die westlichen Bundesländer in der Versorgung der Ganztagsbetreuung mehr als nur hinterher hinken.
In Hessen sind ca 16 % aller Eltern erfolglos auf der Suche nach einem Betreuungsplatz. In Zahlen ausgedrückt sind dies nach der Studie des IW ca. 29.000 fehlende Plätze. Dennoch ist es nicht so, als wären Städte oder Kommunen untätig gewesen. Tatsächlich ist der Bedarf gestiegen, da Geburtenzahlen und die Quote der Zuwanderer gestiegen sind.
In diesem Zusammenhang gibt es jedoch ein anderes, drängenderes Problem und dies zieht sich ebenfalls durch die gesamte Bundesrepublick, durch jedes Bundesland und macht auch vor dem Kreis Offenbach nicht halt: der enorm hohe Fachkräftemangel!
Allein in Hessen fehlen über 7000 pädagogische Fachkräfte.
„Städte und Kommunen haben sicher keine Angst davor Kitas zu bauen oder auch Bestandskitas zu erweitern, aber es ist absehbar, dass das benötigte Personal dafür nicht zu finden ist“, berichtet Bürgermeisterin Ruth Disser.
Die Kreiskommunen planen den Ausbau von Betreuungsplätzen, manche haben bereits begonnen und sehen der Fertigstellung in 2020 entgegen, nur das Personal fehlt. „Am 15. Februar 2019 haben wir in Mainhausen eine zweigruppige Krippe als Erweiterungsbau an der Bestandskita „Panama“ eröffnet und sind bereits in der Planung für mindestens eine weitere Kita“, berichtet die Bürgermeisterin und “In Mainhausen haben wir derzeit noch rund zehn offene Stellen.“
Dabei ist noch nicht abschließend berücksichtigt, die Suche nach Teilzeitkräften für die Betreuung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf.
Ein weiteres Problem stellt, neben der Tatsache, dass kaum Personal zu finden ist, auch das sofortige Verhängen von Beschäftigungsverboten von schwangeren Kolleginnen dar. Wird das Beschäftigungsverbot durch den Artzt ausgesprochen, fallen diese Stunden sofort weg und man kann nicht schnell genug nachbesetzen.
Ein großes Problem beim Finden von neuem Personal ist, dass viele Absolventen der Ausbildung erst gar nicht in den Beruf einsteigen, sondern danach studieren und in andere pädagogische Berufsfelder gehen. Nach einer Studie der Friedrich – Ebert – Stiftung (FES) steigen 37 % aller Absolventinnen und Absolventen gar nicht in den Beruf der Erzieher/in ein. Ein weiterer Teil verlässt nach kurzer Zeit den erlernten Beruf wieder. Zu hoch sind Belastungungen und Forderungen in dem Beruf, hinzu kommt der sehr hohe Krankenstand aufgrund der Belastung und natürlich die relativ schlechte Bezahlung.
„Es ist ein Teufelskreislauf. Kollegen/innen werden krank, das verbleibende Personal versucht die Kita irgendwie am Laufen zu halten, um Kürzungen von Öffnungszeiten für die Eltern zu verhindern. Bis die erkrankten Kollegen/innen ihren Dienst wieder aufnehmen können, fällt dann der andere Teil des Personals aus und das Ganze geht von vorne los“ berichet Ruth Disser.
Der Fachkräftemangel war schon vor Jahren durch den Anspruch auf einen Kitaplatz und durch den Ausbau der U3-Betreuung absehbar. Nur unternommen wurde nichts.
Dabei leisten Erzieher/innen eine sehr wichtige Arbeit als Experten/innen für Bildung, Erziehung und Betreuung. Die erste Stufe im Bildungssystem, auf die alles aufbaut, ist die Kita. Und dennoch bleibt die Anerkennung in der Gesellschaft aus. Vielfach werden die pädagogischen Fachkräfte noch als „die Basteltante“ angesehen, die mit den Kindern im Sommer den ganzen Tag in der Sonne verbringen oder einfach nur „spielen“.
Dabei leisten Erzieher/innen soviel mehr. Neben der Tätigkeit am Kind, kommen dokumentarische Arbeiten zu jedem einzelnen Kind hinzu, Kindersprachscreening, Elterngespräche und Beratung, um nur einige zu nennen.
Ganz langsam kommt das Problem des Fachkräftemangels auch in der Politik an. Die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat angekündigt ab Sommer 2019 bis zum Jahr 2022 die Länder mit ca. 300 Millionen Euro zu unterstützen um mehr Fachkräfte zu gewinnen, so etwa mit einer längst überfälligen Vergütung der Ausbildung von Erzieher/innen. Der Vorschlag ist grundsätzlich ein guter Ansatz, kommt aber viel zu spät.
So werden weiterhin zwar Kitas gebaut werden, die dann aber nicht eröffnet oder nur mit einer Gruppe eröffnet werden können, da das Personal fehlt. Und viele Eltern bleiben weiterhin erfolglos bei der Suche nach einem Betreuungsplatz.
Nach Auffassung der Bürgermeisterin handelt Politik wieder sehr spät und sie hofft, dass Mainhausen auch künftig nicht die volle Wucht des Fachkräftemangels zu spüren bekommt, denn in anderen Kommunen sieht es heute schon weitaus schlechter aus.