Ehemaliges HIM-Gelände sorgt in Sondersitzung wieder für Zündstoff
Anordnungsentwurf fordert Rückbau der illegalen Bauten auf Gelände
Wieder einmal mit haltlosen Vorwürfen erklärte die FDP die Dringlichkeit und damit die beantragte Sondersitzung des Gemeindeparlamentes.
Diesem Antrag auf Sondersitzung liegt ein Anordnungsentwurf des Oberbergamtes zugrunde.
„Mit Schreiben vom 29.01.2009 forderte das zuständige Amt von der Gemeinde Mainhausen eine Stellungnahme zu einer Rückbau-Anordnung", erläutert Bürgermeisterin Disser. Da im Vertrag zwischen dem Land Hessen, dem Kreis Offenbach und der Gemeinde eindeutig geregelt ist, dass es dem Kreis Offenbach vorbehalten bleibt, das vorhandene, illegale Gebäude in ein Naturschutzzentrum umzuwandeln, wurde seitens der Bürgermeisterin zunächst der Kreis um Stellungnahme bezüglich der dortigen Planungen gebeten.
In einem Schreiben erklärte der Kreis Offenbach, nach intensiver Prüfung, den Umbau des bestehenden Gebäudes für unwirtschaftlich und einen kompletten Neubau für ein Naturschutzzentrum als zurzeit nicht finanzierbar.
„Auf Grundlage dieser Aussage und des bestehenden Vertrages wurde durch den Gemeindevorstand am 02.03.2009 eine Stellungnahme, mit aufschiebendem Charakter, beschlossen und dem Oberbergamt zugesandt", so die Verwaltungschefin. In erster Linie wurde hier auf das Naturschutzgebiet und den damit verbundenen Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinien und auf die nicht zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel hingewiesen.
Ein weiterer Aspekt für einen Aufschub der Abrissforderung ist für den Gemeindevorstand die Tatsache, dass das Gelände zurzeit noch von einem Forstbetrieb als Betriebsfläche und das Gebäude vom Inhaber als Wohnung genutzt wird. Da die Räumung des Gebäudes und des Geländes eine wichtige Voraussetzung für den Rückbau ist, muss diese zunächst ermöglicht werden.
Das Gebäude wird seit 1996 vom Inhaber des Forstbetriebes, zunächst unentgeltlich, später (seit 2001) gegen ein geringes Nutzungsentgelt, als Wohnraum genutzt. Heute befindet sich dort nicht nur der Wohnsitz, sondern auch der Firmensitz eines prosperierenden Unternehmens.
„Das Oberbergamt spricht hier von einer illegalen Nutzung des Betriebsgebäudes und des Geländes", zitiert Ruth Disser aus dem o.g. Schreiben und kann den Ausführungen durchaus zustimmen, da es sich bei dem Gebäude um einen sogenannten Schwarzbau, nach aus den Zeiten der Deponieplanungen handelte und ein gewichtiges Argument im Abwehrkampf war.
Die Fraktionen von CDU, FDP und UWG kritisierten in der Sondersitzung, dass die Bürgermeisterin für die Stellungnahme des Gemeindevorstandes eine Entscheidung des Parlaments hätte einholen müssen. Diesem Ansinnen widerspricht Disser eindeutig, denn schließlich hat der Gemeindevorstand auf Grundlage eines in 2002 einstimmig beschlossenen Vertrages gehandelt und mit der Stellungnahme auf einen Anordnungsentwurf reagiert.
Nach einer lebhaften Diskussion über das richtige Vorgehen, zogen die Antragsteller ihr ursprüngliches Ansinnen einer Klage zurück und entschärften ihr Vorhaben durch einen von allen Fraktionen mehrheitlich mitgetragenen Beschlussantrag.
Im Verlauf der Diskussion forderte die FDP die Umsetzung eines Naturschutzzentrums oder Naturkundemuseums durch die Gemeinde Mainhausen, während die CDU auch öffentlich über die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung nachdachte. Im Raum steht somit auch die Frage, ob es den Akteuren tatsächlich um den Naturschutz oder um die Absicherung des dort tätigen Forstbetriebs geht.
Eine wirtschaftliche Nutzung des Geländes und des Gebäudes lehnt Bürgermeisterin Disser kategorisch ab. Diese Möglichkeit schließt auch der Vertrag aus dem Jahre 2002 eindeutig aus. „Wir haben dafür gekämpft, dass dieses Gelände zum Naturschutzgebiet wird", zeigt sich Ruth Disser, die das Thema in den ersten Jahren aktiv vor Ort, seit 1993 als Gemeindevertreterin, später auch als Kreistagsabgeordnete begleitete, sicher, „und das soll es auch bleiben. Damit ist eine wirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen."
Die Ausweisung zum Naturschutzgebiet sollte auch verhindern, dass auf anderen Ebenen Begehrlichkeiten, wie seinerzeit die Planung zu einer Giftmülldeponie oder auch einer Bodenwaschanlage, geweckt werden. Dafür haben die Mainhäuser gekämpft und dafür steht auch Bürgermeisterin Disser.
„Natur- und Trinkwasserschutz war, ist und bleibt oberstes Ziel."
Zum Hintergrund:
Auf Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses für die Sonderabfalldeponie wurden das Gebäude und die Nebenanlagen auf dem Gelände der ehemaligen Sonderabfalldeponie im Jahr 1977 errichtet. Für den Planfeststellungsbeschluss wurde seinerzeit der Sofortvollzug angeordnet. Daher konnten die baulichen Anlagen trotz Klageverfahren gebaut werden.
Im Jahr 1986 hob der Verwaltungsgerichtshof Kassel die Anordnung zum Sofortvollzug auf und das Verwaltungsgericht Darmstadt erklärte den Planfeststellungsbeschluss für nichtig.
Die Gemeinde Mainhausen erwarb 1994 das Gelände einschließlich Gebäude, Schächte und Anlagen. Einen 1987 ergangenen Planfeststellungsbeschluss hob das Oberbergamt 1995 auf.
Damit ist seit Dezember 1995 die Rechtsgrundlage für die baulichen Anlagen entfallen. Eine Nutzung als Gewerbe- und als Wohngebäude ist unzulässig.
Nach einstimmigem Beschluss der Gemeindevertretung wurde am 12.08.2002 ein Vertrag zwischen dem Land Hessen, dem Kreis Offenbach und der Gemeinde Mainhausen geschlossen, der die Vertragsparteien verpflichtet, die Fläche ausschließlich zum Zwecke des Naturschutzes zu nutzen. Eine Verfüllung oder anderweitige Nutzung wurde vertraglich ausgeschlossen. Im Gegenzug beteiligten sich das Land Hessen und der Kreis Offenbach zu je einem Drittel an dem damaligen Kaufpreis für das Gelände.
Im § 3 sind die künftigen Maßnahmen geregelt. So wurde festgeschrieben, dass das Gelände als Naturschutzgebiet ausgewiesen wird, was zwischenzeitlich auch erfolgt ist.
Ebenso findet sich im Vertrag eine Regelung zum geplanten Naturschutzzentrum, die wörtlich lautet: „Es bleibt dem Kreis vorbehalten, dass er die Gebäude einer Nutzung als Station für Naturschutzinformation und - Pädagogik zugeführt und sie nebst Straßen und Wegen unterhält; Das Land und die Gemeinde tragen für diese Maßnahmen keine Kosten. Andernfalls führt die Gemeinde im Rahmen naturschutzrechtlicher Kompensation den Rückbau von Gebäuden, Straßen und Wegen mit Unterstützung des Landes und des Kreises durch."