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Disser:„Kinderförderungsgesetz ist nicht akzeptabel“ - Kindertagesstätten sind keine Aufbewahrungsorte, sondern Bildungsstätten!

Der vorgelegte Entwurf der Landesregierung zum sogenannten Kinderförderungsgesetz (KiföG) ist in den Mainhäuser Einrichtungen ein Thema. Im Rahmen einer intensiven Diskussion mit den Leiterinnen wurde einvernehmlich festgestellt, dass das geplante KiföG, an vielen Stellen krankt. „Dem Faktor Bildung, ganz besonders der frühkindlichen Bildung wird immer mehr Bedeutung beigemessen“, so Bürgermeisterin Ruth Disser und betont, dass dies auch ganz besonders für die Gemeinde Mainhausen und das vorhandene Angebot gilt.

Die allgemeinen Anforderungen an die Kindertageseinrichtungen sind deutlich gestiegen. Hierzu zählen z.B. die Arbeit nach dem Bildungs- und Erziehungsplan (HBEP), die Förderung der interkulturellen und sozialen Kompetenz, die Umsetzung der Inklusion, der Ausbau der U3-Betreuung u.v.m. „Das geplante KiföG jedoch tritt den eigentlich guten Ansatz des HBEP und der bisher eingeführten Gesetzesänderungen mit Füßen“, darin sind sich Mitarbeiterinnen und Verwaltungsspitze einig, „die momentan noch gültigen Rahmenbedingungen und die Finanzlage engen den Spielraum schon genug ein und machen es  schwer den Forderungen nachzukommen, aber mit dem Entwurf des KiföG würde es noch schlechter.“

Vom Landesgesetzgeber werden die Träger der Kindertageseinrichtungen verpflichtet, für angemessene pädagogische Rahmenbedingungen zu sorgen, daher muss das Land auch die finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen. „Im Gesetzentwurf wird als Zielsetzung der zukunftsorientierte Beitrag zur „Sicherung und Verbesserung der Qualität in der frühkindlichen Bildung in Hessen“ genannt, aber erkennbar ist dieser Beitrag nicht“, stellt Ruth Disser fest, „im Grunde geht es um Kostensenkung, um Arbeitsverdichtung für das pädagogische Fachpersonal und um Flexibilisierung zu Lasten der pädagogischen Qualität.“

Die Kostensenkung ist ein Ansatz, dem sich eine Verwaltungschefin nicht verschließt, „aber nicht zu Lasten der Kindertageseinrichtungen und dem in Mainhausen vorhandenen Standard. Das geplante Gesetz nimmt keinerlei Rücksicht auf die heutigen Anforderungen an zukunftsweisende und adäquate Bildung und Erziehung von Kindern im Alter von 0 – 6 Jahren.“

Über die genauen Kritikpunkte wollen die Mainhäuser Einrichtungen in Form von Aktionen informieren, die bis zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs im Hessischen Landtag umgesetzt werden. 


 

Beispiele von Kritikpunkten am geplanten KiföG:

  • Bei der Personalbemessung bleibt – neben der Vor- und Nachbereitungszeit der pädagogischen Arbeit am Kind – das Zeitkontingent für Leitungs- und Verwaltungsaufgaben, Elternarbeit, Zusammenarbeit mit der Grundschule, Konzeptionsarbeit (Bildungs- und Erziehungsplan) völlig unberücksichtigt. Dies sind aber Arbeiten, die zum täglichen Geschäft dazugehören. Vorgesehen sind im neuen KiföG lediglich 15% der personellen und zeitlichen Kapazitäten zum Ausgleich von „Ausfallzeiten durch Krankheit, Urlaub und Fortbildungen“. Das entspricht aber in keinster Weise den alltäglichen Anforderungen im pädagogischen Alltag.
  • Die Definition des Begriffs „Fachkraft“ wird im hessischen KiföG sehr weit gedehnt. Offensichtlich reicht es ab 2014 aus, einen mittleren Bildungsabschluss, eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie Erfahrungen im frühpädagogischen Bereich nachzuweisen, um als „Fachkraft“ in einer Kindertageseinrichtung arbeiten zu können.
    Immerhin ist nach dem geplanten Gesetz ein Einsatz solcher Kräfte von immerhin 20% zulässig.
    Im §25b Abs. (2) ist unter Pkt 5 c) weiterführend vermerkt:

          „Personen mit fachfremder Ausbildung im In- oder Ausland,

          a)….

          b)….

          c) die sich zeitnah nach Aufnahme der Tätigkeit fachlich weiterbilden

          d)….“

  • So wird der Fachkräftemangel nicht beseitigt, sondern umgangen und die Motivation zur langen Ausbildung       gesenkt. Die Ausbildungszeit beträgt insgesamt 5 Jahre. Außerdem bedeutet das nichts weiter als eine Deprofessionalisierung des pädagogischen Personals in Tageseinrichtungen. Dies ist grundsätzlich kategorisch abzulehnen. Seit Jahren fordert die GEW eine Anhebung des Ausbildungsniveaus, in der sich auch einen höhere soziale und gesellschaftliche Anerkennung des Berufsbildes widerspiegeln soll und vor allem auch eine höhere tarifliche Wertigkeit. Das wäre übrigens die vernünftigste Möglichkeit dem vorherrschenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und zwar nachhaltig.
  • Die gruppenbezogene Personalberechnung soll durch eine kindbezogene ersetzt werden. Im Alltag bedeutet es  – konkret an einem Beispiel erklärt –:
  • Eine Kita hat eine Öffnungszeit von 10 Stunden. Einige Kinder werden aber nur 5 oder 7 Stunden betreut. Also wird das Personal angepasst, was in der Realität heißt: das Personal wird dementsprechend reduziert.
  • Die kindbezogene Personalberechnung ist ein Personal-Sparpaket. Unter dem Druck der Pro-Kopf-Förderung werden auch die Gruppen zukünftig bis zur Obergrenze von 25 Kindern/Gruppe gefüllt werden müssen. Den Kitas wird auch so die Möglichkeit genommen einzelne Plätze für Notfälle frei zu halten.
  • Der Personalbedarf orientiert sich am Alter der Kinder. So ist für Kinder ab dem dritten Lebensjahr eine Gruppenstärke von 25 Kindern (Obergrenze) zulässig. Es werden aber auch befristete Ausnahmeregelungen erlaubt und das heißt, dass auch für jüngere Kinder die Ausweitung auf eine Obergrenze von 25 Kindern/Gruppe durchaus möglich werden. Hierbei bleibt aber unberücksichtigt, dass es Anforderungen zur Umsetzung von Inklusion, von U3-Betreuung oder der Arbeit in sogenannten „Brennpunkten“ gibt.
  • Für Kinder mit Handicap fallen die gesetzlichen Rahmenbedingungen weit hinter die bisherigen zurück. Mit den Herausforderungen der Inklusion werden somit alle Beteiligten und vor allem Betroffenen (Kinder, Eltern, Erzieher/innen, Sozialhilfeträger,…) alleine gelassen. Kinder können aber nur in kleinen Gruppen individuell gefördert werden und auch zur Förderung der Bildungs- und Erziehungsfähigkeit von Kindern benötigt man kleinere Gruppen.