Bürgerversammlung - manroland-Areal
Rede von Bürgermeisterin Ruth Disser
Sehr geehrte Damen und Herren,
auf die heutige Veranstaltung habe ich mich, aus mehreren Gründen, sehr gefreut.
- Wir sind zwischenzeitlich bei einem Planungsstand angelangt, der es zulässt über das weitere Vorgehen nachzudenken. Eine wichtige Hürde wurde genommen und die Vorbereitungen für den neuen Bebauungsplan sind auf der Zielgerade. Aber dazu gibt es später mehr.
- Weiterhin werden wir heute nochmals den Versuch starten Fehlinformationen auszuräumen und Sie über das Thema umfänglich informieren.
- Außerdem freue ich mich sehr darüber, dass eine der ersten Amtshandlung von Thomas Horn, als Beigeordneter im Planungsverband, unsere Bürgerversammlung ist.
Wir haben uns die Informationen ein wenig aufgeteilt und ich habe damit den Part des Rückblicks bis zum heutigen Tag übernommen. Dazu gehört auch ein wenig zur Geschichte des Industriebetriebes.
Schon kurz nach dem zweiten Weltkrieg, also im Jahr 1945, gründete Erwin Grimm die Metall-Präzisionswerkstätte auf dem heute in Rede stehenden Gelände. Von Anfang an sicherte das Unternehmen das Auskommen vieler Mainflinger Familien. Ich selbst habe das so nicht erlebt, aber aus vielen Berichten und Erzählungen weiß ich, dass Erwin Grimm immer sehr sozial engagiert. So waren das Unternehmen und sein Gründer von Beginn an wichtig für unsere Gemeinde.
Teil des Druckmaschinenkonzerns MAN Roland wurde der Betrieb dann im Jahr 1988. Damals waren rund 1200 Menschen dort beschäftigt und davon eben auch sehr viele Mainhäuser. In den Folgejahren gab es immer wieder Hiobsbotschaften, Personalabbau und massive Veränderungen, was an unserer Gemeinde nie spurlos vorüber ging. Schon im Jahr 2005 gab es Spekulationen über eine Werkschließung.
Am 29.03.2010 titelte die FAZ „Zwei Kapitel der Industriegeschichte beendet“. Damit endete eine für Mainhausen wichtige, aber eben auch „unendliche Geschichte“. Noch heute blicken wir mit etwas Wehmut zurück. Der wohnortnahe Arbeitsplatz für viele Mainhäuser, was z.B. gerade der Einsatzkraft unserer freiwilligen Feuerwehr zu Gute kam.
Aller Wehmut hilft uns aber nicht weiter und eine hässliche Industriebrache eben auch nicht.
Nachdem klar war, dass der Standort nicht zu halten ist, wurden die Verhandlungen über die Zukunft des Geländes aufgenommen. Verhandlungen über ein Grundstück mit dem Grundstückseigentümer. Denn die Gemeinde ist nur Eigentümer eines kleinen Teils der rund 9 ha-Fläche.
Bis März 2011 waren wir schon sehr weit und die Gemeindevertretung hat die ersten Grundsatzbeschlüsse gefasst. Der Plan war damals – manroland und die Gemeinde entwickeln das Gebiet gemeinsam. Rund 2 Drittel Wohn- bzw. Mischgebiet und 1 Drittel Gewerbefläche. Wobei die Gemeinde, als Ausgleich, die Entwicklung und Vermarktung der Gewerbefläche auf eigene Rechnung durchführen sollte und wollte. Es stand eine realistische Überschusserwartung von ca. 600.000 € für die Gemeinde im Konzept.
Lediglich der städtebauliche Vertrag mit manroland war noch nicht unter Dach und Fach, an dem wurde unermüdlich weitergearbeitet.
Dann folgte der nächste Schock und für mich war es einer. Der Insolvenzantrag kurz vor Weihnachten 2011, was alle Verhandlungen und Gespräche zunächst zum Ruhen brachte.
Es folgte ein erneuter Kampf um die sozialen Belange der Mitarbeiter. Im Ergebnis und das wissen wir alle wurde das Unternehmen gekauft und in Teilen mit einem neuen Konzept und noch weniger Mitarbeitern gerettet.
Für die Gemeinde begannen die Verhandlungen um die Zukunft des Geländes neu. Erst auf Basis der ersten Pläne. Dann beschloss der Eigentümer, die Fläche als Gesamtpaket zu verkaufen, zunächst so wie es war.
Ein Verkauf aber, ohne die Option der Umwidmung, kristallisierte sich, als unmöglich heraus. Die mögliche Ansiedlung von neuem Gewerbe ebenfalls, was mit der Lage der Fläche zu tun hat.
Die Eigenentwicklung war kein Thema mehr, stattdessen sollte die Gesamtfläche an einen Investor verkauft werden und es wurde das Bieterverfahren eingeleitet. Schnell wurde klar, dass die vorgesehene Einteilung in Wohn-, Misch- und Gewerbegebiet für einen Investor nicht interessant war. Unter diesem Gesichtspunkt und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Gemeinde Mainhausen nicht Eigentümer die Fläche ist, wurde mit dem geänderten Konzept, der reinen Wohnbebauung, weiterverhandelt und die Forderungen der Gemeinde eingearbeitet.
Heute besteht ein städtebaulicher Vertrag mit der neuen Eigentümerin, der Firma Aurelis.
Der Vertrag sieht die Schaffung eines Wohngebiets mit Nahversorger auf dem brachliegenden Gewerbeareal vor. Entstehen soll eine attraktive, standortverträgliche Wohnbebauung, die überwiegend aus freistehenden Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften, Reihenhäusern und auch Mehrfamilienhäusern bestehen soll. Ein Nahversorger soll dort entstehen, wo er bereits von Beginn an geplant war.
Jetzt komme ich mal zu der Frage: Was hat Mainhausen davon? Warum machen wir da überhaupt?
- Die Vertragsgrundlage ist die Schaffung eines Wohngebiets mit Nahversorger, statt einer geschichtsträchtigen, aber durchaus hässlichen Industriebrache. Das allein ist m.E. schon ein Gewinn für Mainhausen.
- Der geplante Nahversorger, für den hoffentlich ein Investor und Betreiber gefunden wird, sorgt für eine bessere Versorgung der Mainflinger, nicht nur im neuen Wohngebiet, sondern für das gesamte Umfeld und gar bis nach Klein Welzheim.
- Eine attraktive, standortverträgliche Wohnbebauung, die überwiegend aus freistehenden Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften, Reihenhäusern und auch Mehrfamilienhäusern bestehen soll, bietet 650 bis 700 Menschen Wohnraum in Mainhausen. Wohnraum, der dringend benötigt wird.
- Weiterhin wertet ein attraktives neues Wohngebiet die Gemeinde Mainhausen und den Ortsteil Mainflingen in jedem Fall auf.
- Zusätzliche/Neue Bürgerinnen und Bürger erhöhen die Einnahmen der Gemeinde im Bereich der Steuern und der Gebühren.
- Im bisherigen Bebauungsplan ist die Veränderung der Verkehrsführung vorgesehen, hier durch einen Kreisel auf Höhe der heutigen und künftigen Zufahrt. Damit wird die lange geforderte Verkehrsberuhigung einhergehen.
- Dann sieht der Vertrag einen Infrastrukturkostenausgleich vor, der wiederum der Gemeinde zu Gute kommt. Dieser Ausgleich ist wie folgt ausgeteilt:
Ü zur Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen 1.600.000 €
ÜZuschuss zum Bau des Kreisels 50.000 €
Ü zur Umgestaltung der Bushaltestellen 300.000 €.
Die Gemeinde ist zur Schaffung der erforderlichen Infrastruktur generell verpflichtet. Auch ohne einen Infrastrukturkostenausgleich müssten wir z.B. ausreichende KITA-Plätze schaffen. - Die Ablösung des Abwasser- und Wasserversorgungsbeitrages ist im Vertrag mit 339.605,69 € festgelegt.
- Die Gemeinde wurde während den gesamten Verhandlungen von einem Unternehmen begleitet, deren Beauftragung die Gemeindevertretung 2011 beschlossen hat. Die angefallenen Kosten sind ebenfalls Bestandteil des städtebaulichen Vertrages und wurden von der neuen Eigentümerin getragen.
Stand heute: die Bauleitplanung wurde eingeleitet und die erste Hürde, das sogenannte Zielabweichungsverfahren, haben wir genommen. Mit den Abbrucharbeiten wurde begonnen, was die Größe der Fläche heute sogar noch deutlicher macht, als mit der früheren Bebauung.
Bevor ich zum Schluss komme, erlaube ich mir noch ein paar persönliche Aussagen:
Mein Ziel im Zusammenhang mit der Fläche war und ist, dass Bestmögliche für unsere Gemeinde zu erreichen. Was sich nicht als ganz einfach dargestellt hat, da die Gemeinde nur von einem kleinen Teil der Fläche Eigentümerin ist. Trotzdem bin ich mir sicher, das Ergebnis ist, für Mainhausen, ein richtig gutes Ergebnis und bietet eine gute Zukunftsperspektive.
Ja, die Entscheidungen der Gemeindevertretung waren, leider, keine einstimmigen Beschlüsse, was sicherlich wünschenswert ist. Aber es handelt sich immer um demokratische Entscheidungen.
Und gerade nach demokratischen Entscheidungen sollte man den Projekten eine Chance geben und nicht immer wieder für Verwirrung sorgen.
Ich bin der Überzeugung, dass wir, bei den Verhandlungen, das Bestmögliche erreicht haben. Zu diesem Ergebnis muss man kommen, vor allem wenn man die Ausgangsposition betrachtet. Von der Gesamtfläche, rund 90.000 qm, gehören der Gemeinde etwas mehr als 2.000 qm, also ungefähr 2 %.
Dazu konnte die Planungshoheit der Gemeinde in die Verhandlungsmaße einfließen.
Verhandlungen sind auch ein Abwägen; wie hoch kann man pokern, bei dem Risiko, dass wir auch in Zukunft eine Industriebrache haben und keine Gestaltungsmöglichkeit.
Das Projekt manroland-Gelände ist für eine Kommune wie Mainhausen ein sehr großes Projekt und bündelt sehr viel Kraft und Energie, aber es ist ein gutes Projekt und seitens der Gemeindeverwaltung wird mit viel Engagement daran gearbeitet. Das würde ich mir auf allen Ebenen wünschen.