Begründung der Bürgermeisterin und Vorlage zum Bürgerentscheid
Rede der Bürgermeisterin in der Gemeindevertretersitzung am 19.02.2013 - Es gilt das gesprochene Wort -
"Sehr geehrte Damen und Herren,
am 28.12.2012 und 02.01.2013 ging bei der Gemeindeverwaltung der Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheides, nach § 8 b Hessische Gemeindeordnung (HGO) ein. Dieser Antrag wurde von 1.195 Unterzeichnern auf 177 Listen unterstützt.
Der Gemeindevorstand hatte, mit Eingang des Antrages, die Aufgabe die formale Richtigkeit des Antrages und die Unterschriften zu prüfen.
Die Unterschriften wurden durch das Einwohnermeldeamt der Gemeinde Mainhausen geprüft. Dabei ist festzustellen, ob die vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Jeder Unterzeichner muss wahlberechtigt sein und darf nur einmal unterschrieben haben. Mehrfache Unterschriften sind unwirksam.
Diese Prüfung ist abgeschlossen und es kann festgestellt werden, dass von den 1.195 Unterschriften 1.015 gültig und 180 ungültig, im Sinne des Gesetzes, waren.
Mit der formalen Prüfung wurde vom Gemeindevorstand zunächst der Hessische Städte- und Gemeindebund beauftragt.
Das neunseitige Rechtsgutachten des HSGB liest sich auf den ersten Seiten sehr positiv, was die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens anbetrifft. Folgende Feststellungen wurden zunächst getroffen:
1. Die Thematik ist eine wichtige Angelegenheit i. S. von § 8 b, Abs. 1 HGO,
2. die schriftliche Einreichung beim Gemeindevorstand ist erfolgt,
3. die Benennung von Vertrauenspersonen ist erfüllt,
4. die Fragestellung ist zulässig,
5. eine Verfristung ist nicht festzustellen,
6. die Begründung ist nicht zu beanstanden.
Erst auf Seite 8 wird auf den Negativkatalog des § 8 b Abs. 2 HGO eingegangen. Im Ergebnis heißt es sehr deutlich: „In Anbetracht der Einschlägigkeit von § 8 b, Abs. 2, Nr. 4 HGO ist das Bürgerbegehren nach der hier vertretenen Rechtsauffassung als unzulässig zu bezeichnen. § 8 b, Abs. 4, Satz 2 HGO enthält insoweit eine Rechtspflicht, wonach für die Gemeindevertretung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens kein Spielraum verbleibt.“
Damit wurde meine Auffassung, dass der Gesetzgeber die Durchführung eines Bürgerentscheides nicht einfach macht, bestätigt. Es war für mich nicht nachvollziehbar, dass das Bürgerbegehren in allen anderen Punkten zulässig ist und lediglich der Negativkatalog soll eine Zulässigkeit ausschließen.
Das entspricht keineswegs meiner Auffassung von direkter Bürgerbeteiligung.
Aufgrund dessen wurde ein weiteres Rechtsgutachten in Auftrag gegeben und ein Fachanwalt hinzugezogen. Dieses Gutachten liegt nun ebenfalls vor. Festzustellen ist grundsätzlich, dass beide Gutachten bei der Prüfung auf Einhaltung von Formalitäten in den meisten Punkten durchaus übereinstimmen.
Zur Frage bezüglich dem Negativkatalog kommt das Gutachten des Rechtsanwalts Foerstemann jedoch zu dem Ergebnis: „Das Bürgerbegehren ist zulässig“.
Das Ergebnis des Fachanwaltes wird durch zwei Zwischenergebnisse deutlich untermauert, die ich hier zitiere:
„Als Erstes Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass nach der Definition des § 94 Abs. 2 HGO zwar der Haushaltsplan Bestandteil der Haushaltssatzung ist, zu den Bestandteilen einer Haushaltssatzung jedoch nicht auch ein etwaiges Haushaltssicherungskonzept gehört.
Als zweites Zwischenergebnis ist somit festzuhalten dass es sich bei einem Haushaltssicherungskonzept wegen seines spezifischen, seines individuellen Betrachtungszeitraumes und seiner besonderen Zweckbestimmung um ein haushaltsrechtliches Instrument besonderer Art handelt, welches von der Haushaltssatzung grundverschieden ist und mit dieser deswegen nicht vermischt werden darf.“
Die endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens trifft die Gemeindevertretung und zur Unterstützung und Information liegen Ihnen ein Beschlussvorschlag, die beiden Rechtsgutachten und eine Stellungnahme der Kommunalaufsicht vor.
Der Punkt 1 des Beschlussvorschlages ist die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerentscheides.
Der Punkt 2 des Beschlussvorschlages legt den Tag des Bürgerentscheides fest. Hier greifen die Vorgaben des Hessischen Kommunalwahlgesetzes. Hierzu heißt es im § 15 KWG, dass der Wahlausschuss am 58. Tag vor der Wahl über die Zulassung der Wahlvorschriften beschließt.
Bei einem Bürgerentscheid gibt es keinen Wahlausschuss, hier entscheidet die Gemeindevertretung über die Zulassung. Somit kann der Bürgerentscheid frühestens 58 Tage nach Zulassung stattfinden. Wird heute entschieden, ist der 58. Tag danach der 18. April 2013 und der darauffolgende Sonntag ist der 21. April 2013.
Der Formulierungsvorschlag im Punkt 3, die zu entscheidende Frage, hat zu einer Welle der Entrüstung geführt und dazu, dass man mir wieder einmal undemokratisches Verhalten vorwerfen konnte. Daher hierzu ein paar Ausführungen meinerseits:
Zunächst Grundsätzlich: Ein Beschlussvorschlag ist das, was der Begriff sagt, ein Vorschlag. Nicht mehr und nicht weniger.
Nach der Rechtsprechung muss die Fragestellung eindeutig formuliert sein, sodass diese zu keinen unterschiedlichen Auslegungen bzw. Unklarheiten Raum lässt.
Wie die Diskussion an diesem Punkt zeigt, lassen solche Formulierungen unterschiedliche Auslegungen zu. Aber, meine Damen und Herren, mein Herzblut hängt an keinerlei Formulierungen, daher lege ich Ihnen heute einen geänderten Beschlussvorschlag vor, der sich genau an die Vorgaben aus dem Antrag auf Bürgerentscheid hält.
Mir ist das Thema an sich viel zu wichtig, um hier eine Diskussion entbrennen zu lassen, die vermeidbar ist.
Trotzdem erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass auch ein Bürgerentscheid hinterher händelbar sein muss.
Der Beschluss zum etwaigen Verkauf der Fläche Magruh war ein Vorschlag aus der Bürgerbeteiligung und lautete wörtlich:
„Die Gemeindevertretung stimmt dem Verkauf und der Bebauung einer Teilfläche, der Hälfte, des Grundstücks an der K 185 zu“.
Dieser Beschlussvorschlag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Wir heben somit einen abgelehnten Beschlussvorschlag auf!
Welche Handlungsmöglichkeit sich damit eröffnet verschließt sich mir ein wenig.
O.K. wir könnten den Beschlussvorschlag nochmals zur Beratung in die Gemeindevertretung geben. Findet sich dann eine Mehrheit, könnte der Verkauf der Fläche erfolgen, sofern zu diesem Beschluss dann nicht wieder ein Antrag auf einen Bürgerentscheid entwickelt.
Der Verkauf der Fläche Magdruh stößt im Ortsteil Mainflingen auf ebenso wenig Gegenliebe, wie das eigentliche Thema des jetzt anstehenden Bürgerentscheides.
Eine eindeutige Fragestellung heißt für mich, wir sagen den Bürgerinnen und Bürgern genau über was sie abstimmen. Der Presse durfte ich heute entnehmen, dass es das „Ziel sei, der Gemeindevertretung einen Spielraum für andere Entscheidungen zu geben.“
In der Begründung des Antrages heißt es dann aber wörtlich: Zugleich ist die Ablehnung des Verkaufs von vorhandenem Bauland durch den Beschluss vom 06.11.2012 wieder aufzuheben, da er einer vernünftigen Haushaltsgestaltung und der Sicherung der Kinderspielplätze entgegensteht.“
Und im Kostendeckungsvorschlag:
„Im Übrigen besitzt die Gemeinde Liegenschaften, die keine Spielplätze sind und zum Verkauf geeignet sind. Es handelt sich unter anderem um die Grundstücke „Magdruh“ in Mainhausen OT Mainflingen.“
Das alles lässt für mich eine unterschiedliche Auslegung zu und bietet der Gemeindevertretung gerade nicht den Spielraum für andere Entscheidungen.
Allerdings und das habe ich bereits ausgeführt: Mir ist das Thema zu wichtig, um eine Diskussion über Formulierungen weiter bestehen zu lassen. Daher bitte ich um Zustimmung zu dem nunmehr geänderten Beschlussvorschlag.
Gleichzeitig möchte ich hier ausdrücklich feststellen, dass der Beschluss zum etwaigen Verkauf der Fläche „Magdruh“ tatsächlich am 06.11.2012 gefasst wurde und der Beschluss zu den Spielplätzen erfolgte in der Fortsetzung am 07.11.2012. Auf den Seiten 3 und 4 nimmt der HSGB auf dieses Datum Bezug."
Beschlussvorlage zur Sitzung des Gemeindeparlamentes am 19.02.2013 als pdf-Dokument