Ausführungen der Bürgermeisterin zur Wohntreff GmbH in der Gemeindevertretersitzung am 13.06.2017
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der Ausschusssitzung am 25. April 2017 habe ich ein Stück weit über die Zusammenhänge, die Vergangenheit und den derzeitigen Stand der Wohntreff GmbH informiert. Dies sehr ausführlich. Gleichzeitig habe ich einen möglichen Ausblick in die Zukunft gegeben und habe die möglichen Entscheidungswege deutlich gemacht.
Im Anschluss an meine Ausführungen gab es keinerlei Nachfragen oder Statements, auch nicht in den Wochen danach.
Ich habe in der Sitzung angekündigt, dass es je nach Verhandlungsverlauf irgendwann mal schnell gehen muss und dass es ev. zu Sondersitzungen kommen wird. Trotzdem hat es scheinbar keinen Informationsbedarf gegeben.
Jetzt sind wir in der Sondersitzung. Erst zur Sondersitzung des Ausschusses letzten Donnerstag gab es einen Fragekatalog der UWG … und den kann ich gut nachvollziehen, denn die UWG ist die Fraktion, die in dem Aufsichtsrat der Wohntreff GmbH nicht vertreten ist und die Vorgeschichte nicht kennt..
Die Aussagen auf den Festen und die Fragen im Ausschuss von Ihnen Herr Stegmann zeigen mir allerdings, dass der Informationsfluss in Ihrer Fraktion nicht ausgereicht hat. Daher fange ich nochmal an und werde den Fragekatalog von Herrn Handreke damit auch beantworten:
Eigentlich sollten gerade Ihnen, den Damen und Herren der CDU, die Vorgänge rund um die Wohntreff Mainhausen GmbH sehr gut bekannt sein. Wenn Sie, Herr Stegmann, jetzt behaupten, es war und ist gar nicht so schlimm, muss ich Ihnen sagen, Sie haben keine Ahnung wie schlimm es war und ist. In diesem Zusammenhang weise ich auch gleich daraufhin, dass Sie mit Aussagen, wie „die Bürgermeisterin will mit einem Verkaufserlös Ihr gemeinsamen Rathaus bauen“ deutlich zeigen, dass die Hintergründe bei Ihnen nicht angekommen sind.
Also gehe ich jetzt mal wieder 16 Jahre zurück: Die Gründung der Wohntreff GmbH erfolgte im Jahr 2001. Laut Gesellschaftervertrag war die Errichtung und die Verwaltung eines Seniorenheimes ein Gegenstand des Unternehmens.
Der Betrieb des Seniorenheimes sollte von der Gesellschaft oder einem Dritten wahrgenommen werden.
Der Betrieb des Seniorenheimes wurde in einer Vereinbarung vom 12.04.2003 und einer Nachtragsvereinbarung aus 2004 über die Erstellung und die Vermietung eines Seniorenpflegeheimes zwischen der Wohntreff Mainhausen GmbH und der Firma Seniorenpflegeheim Mainhausen Betriebsgesellschaft mbH i. Gr. geregelt.
Die Wohntreff Mainhausen GmbH wurde Eigentümerin des Grundstücks Ginkgoring 23, einer Fläche von mehr als 10.000 qm, Herr Handreke diese Zahl wollten Sie.
Mit dem Bau des Seniorenheimes wurde begonnen, die Finanzierung erfolgte über die HSH-Nordbank und war gesichert durch eine Lebensversicherung Canada Life.
Im April 2004 war der Bau nahezu fertiggestellt, der Aurelius Hof wurde eröffnet und die ersten Bewohner zogen ein.
Die Bilanz der Wohntreff Mainhausen GmbH wies zum 31.12.2004 eine Bilanzsumme von 10.568.114,98 € aus und schloss mit einem Jahresfehlbetrag von 1.384.505,06 € ab.
Im Jahr 2005 wurde die Gemeinde 100 %-ige Gesellschafterin, die früheren Mitgesellschafter haben das sinkende Schiff verlassen. Ebenfalls gewechselt wurde die Geschäftsführung und es folgte ein neuer Gesellschaftervertrag. Mit einer weiteren Änderung des Gesellschaftervertrages wurde 2007 der Aufsichtsrat, als weiteres Organ der Gesellschaft installiert und dies auf meine Initiative.
Nach und nach wurde sichtbar, dass es sich dabei um ein Fass ohne Boden handelt.
Untersuchungen zur rechtlichen und wirtschaftlichen Situation und der Lösungsmöglichkeiten haben ein klares Bild über die Situation vermittelt.
Die Umschuldung wurde angestrebt, neue Darlehnsverträge über mehr als 11 Mio. € geschlossen, für die die Gemeinde Mainhausen bürgt. Ein weiteres Darlehen gab die Gemeinde direkt über rund 235.000 €.
Dann traten Baumängel auf, die Gewährleistung konnte aufgrund der Insolvenz einzelner Baufirmen nicht greifen. Hier war ein Vergleich die einzige Möglichkeit.
Alles in allem, die Liquidität der GmbH konnte nicht komplett gesichert werden. Eine Patronatserklärung der Gemeinde verhinderte die Insolvenz.
Herr Handreke, Sie fragen nach, was getan wurde, um die offenbar bedrohliche Lage der Wohntreff GmbH abzuwenden … Ich sage Ihnen, diese Frage ist genauso unverschämt, wie vieles, was Sie veröffentlichen. Wir haben seinerzeit alles abprüfen lassen. Sicher wäre es einfacher gewesen, die Wohntreff GmbH mit einem nicht fertigen Gebäude direkt in die Insolvenz gehen zu lassen. Dies wollten wir alle nicht, sicher auch aus den von Ihnen zitierten moralischen Verpflichtungen.
Wir haben seinerzeit auch prüfen lassen, ob wir Schadenersatz gegen den früheren Geschäftsführer und Bürgermeister geltend machen können. Davon haben wir abgesehen, trotzdem klar ist, dass den früheren Bürgermeister ein mitwirkendes Verschulden anzulasten ist. Ein Jurist erklärte uns wörtlich: „Die Unterlagen zeigen, dass er grotesk überfordert war. Die Gewinnaufstellung ist grob falsch gewesen. Die Abschreibungen wurden vergessen. Im Grunde sieht das ganze Geschehen so aus, als habe ein völlig überforderter Laie sich in irgendetwas treiben lassen.“ Das trifft es m.E. sehr deutlich.
Seit der Umschuldung kann festgestellt werden, dass die Verbindlichkeiten der Wohntreff GmbH immer bedient wurden, der Mietzins wurde, nach den rechtlichen Möglichkeiten, angepasst. Es wurde alles getan, was angesichts der Situation möglich war und ist. Das dürfte Ihnen aber allen nicht neu sein, denn die Jahresabschlüsse der GmbH werden den Fraktionen jedes Jahr zur Kenntnisnahme übergeben. Wo die Exemplare der CDU-Fraktion sind und wer Einblick erhalten hat, entzieht sich meiner Kenntnis und ist auch nicht mein Problem.
Festgestellt werden kann: die Wohntreff GmbH läuft in geordneten Bahnen, trotz Überschuldung. Der Betrieb des Seniorenheimes, also des Aureliushofs, während der ganzen Zeit hervorragend lief. Immer nahezu 100 %ige Belegung vorhanden ist und das Konzept der Menschlichkeit tatsächlich gelebt wird.
Das Seniorenheim an sich erfreut sich großer Beliebtheit.
Das Gebäude, sorgt für eine gute Atmosphäre im Seniorenheim und ist sehr auf die Bedürfnisse des Heimes abgestimmt. Nach nunmehr 14 Jahren intensiver Nutzung, fangen allmählich die normalen Mängel an.
Nahezu alle Spülkästen wurden bereits ausgetauscht, immer wieder auftretende Wasserschäden behoben und verschiedene kleine Mängel wurden stetig beseitigt. In diesem Jahr steht die Erneuerung der Brandmeldeanlage an und der Austausch einiger Türelemente.
Die Zahlen hierfür sind den Mitgliedern des Aufsichtsrates sicher sehr präsent.
Was die Verschuldung anbetrifft:
es laufen noch immer 2 Darlehen über insgesamt 7.235.110,68 €
die Forderung der Gemeinde liegt noch immer bei 235.000,00 €.
Alles nicht unbekannt und nicht so neu. Und alles ist über die Gemeinde gesichert, mittels Bürgschaften und Patronatserklärung. Ein größerer Mangel, ein größerer Schaden, weitere Kosten und der Gemeindehaushalt wird mit belastet. Aber das wissen Sie alle.
Das war jetzt ein kleiner Abriss in die Vergangenheit und ein Ist-Stand.
Mir sind und waren die Zahlen der Wohntreff GmbH immer präsent. Ich weiß, dass die Zukunft der gemeindeeigenen GmbH sehr eng mit der Zukunft unserer Gemeinde verbunden ist. Wenn die Wohntreff GmbH nicht mehr gehalten werden kann, gefährden wir nicht nur den Bestand des Seniorenheimes, sondern auch die Handlungsfähigkeit der Gemeinde Mainhausen auf Jahre hinaus. Das sind die Gründe dafür, dass ich nach Möglichkeiten gesucht habe, die Zukunft für alle Beteiligten zu sichern.
Der Verkauf des Grundstücks und des Gebäudes ist nach meiner Meinung eine gute Lösung für alle.
Klar war von Anfang an – zumindest mir – Der Aureliushof, das Mietverhältnis, die Nutzung und der Betrieb dürfen keinesfalls gefährdet werden. Da bin ich mit Frau Anja Kaiser einer Meinung und wir stehen auch in engem Kontakt. Ohne sie wollte ich das Thema nicht angehen.
Und der Verkaufserlös sollte für die Wohntreff GmbH, die Abwicklung usw. mindestens zu einer schwarzen Null führen.
Diese beiden Kriterien erfüllt das Angebot des Kaufinteressenten. Ein weiteres Angebot ist angekündigt, da dieses heute nur in Form eines Vorschlages, als Letter of Indent, vorliegt, gehe ich hier auf das feste Angebot ein. Der Kaufinteressent, hat ein Angebot abgegeben, dass durchaus sehr ernst zu nehmen ist.
Ein Angebot, das klar zu dem bestehenden Seniorenheim steht – an dem Betrieb wird sich nichts ändern. Im Gegenteil, der bestehende Mietvertrag wird derzeit schon überarbeitet und soll noch vor einem möglichen Vertragsabschluss verlängert werden. Damit ist noch mehr Sicherheit für den Aureliushof gegeben.
Jetzt die Frage, warum wurde die Gemeindevertretung nicht früher und umfassend über die Verkaufsabsichten informiert? Die Antwort ist ganz einfach: Es war nicht erforderlich und nicht möglich. Sie erhielten am 25.04.2017 die ersten umfassenden Informationen. Direkt nach den ersten Gesprächen mit dem Kaufinteressenten… Also so früh, wie möglich.
Verkaufsgespräche in der Öffentlichkeit zu führen ist nicht zielführend für die Verhandlungen, wie Sie, Herr Stegmann, in der letzten Ausschusssitzung bewiesen haben. Dem Kaufinteressenten mehr oder wenig vom Kauf abzuraten ist nicht der Weg und bestätigt nur, dass das einzig sinnvolle im Jahr 2001 die Gründung der GmbH war und die Übertragung der Fläche in das GmbH-Vermögen.
Damit komme ich zu den Entscheidungswegen, die erforderlich sind:
Mit der Gründung der Wohntreff Mainhausen GmbH war klar, dass sich die Entscheidungswege verändern und andere Gremien ausverhandeln und Verträge schließen.
Die Gemeindevertretung entscheidet über einen Rahmen, als Verkauf, Mindestkaufpreis und Umgang mit der GmbH nach Kaufabschluss. Was bedeutet, dass
- Die Gemeindevertretung
beauftragt den GVO, als Vertreter der Gemeinde in der GmbH,
mit dem Verkauf von Grundstück und Gebäude,
der Verkaufserlös soll die offenen Forderungen und die noch anfallenden Kosten decken,
nach Verkauf wird die GmbH aufgelöst.
- Der GVO
beauftragt die GmbH und deren Vertreter
mit dem Verkauf des Grundstücks und Gebäudes,
mit der Ablösung der Darlehen und Ausgleich der Kosten durch den Kaufpreis,
mit der Auflösung und Abwicklung der GmbH,
mit der Kündigung bestehender Verträge.
- Die Gesellschafterversammlung und der Aufsichtsrat beschließen
den Verkauf des Grundstücks und des Gebäudes,
die Auflösung der Gesellschaft.
Dieses Vorgehen wurde, nach der Fragestellung von Ihnen, Herr Wegstein, zum § 51 HGO, von der Kommunalaufsicht so bestätigt. Die Mail habe ich gestern an die Fraktionsvorsitzenden weitergeleitet.
Jetzt nochmal zu den Fragen des Gemeindevertreters Handreke der Reihe nach:
- Aus welchem konkreten Anlass ist der Verkauf des „Aureliushofs“ zum Thema für die Gremien der Gemeinde geworden?
Wie hätten Sie es jetzt gerne, unter 9. Fragen Sie, warum die Gremien nicht früher informiert wurden … Ansonsten habe ich die Frage mit meinen Ausführungen beantwortet.
- Inwieweit sind die moralischen Verpflichtungen und die Verantwortung gegenüber den Bewohnern aufgrund des Vertrauens auf die Gemeinde in den Verkaufsgedanken eingeflossen?
Beantwortet!
- Wie hoch sind die Buchwerte
a) des Grundstücks Flur 4, Flurstück 411/0?= Euro
b) des Gebäudes „Aureliushof“?= Euro
Finden Sie in den Unterlagen zum Jahresabschluss jedes Jahr.
- Wieviel Quadratmeter umfasst das zum „Aureliushof“ gehörende Flurstück 411/0?
Beantwortet!
- Wie viel Quadratmeter Wohnfläche und Nutzfläche hat das Gebäude?
Müssten wir nachreichen …
- Was wurde seitens der Geschäftsführung getan, um die offenbar bedrohliche Lage der „Wohntreff GmbH“ abzuwenden?
- Was wurde seitens des Aufsichtsrats seit Kenntnis der Finanzsituation unternommen?
- Was wurde seitens der Vertreterin des Anteilseigners nach Kenntnis der Finanzsituation unternommen?
Unverschämtheit und beantwortet.
- Warum wurde die Gemeindevertretung nicht früher und umfassend über die Verkaufsabsicht informiert?
Beantwortet!
- Nach welchen Kriterien sollen Ihrer Ansicht nach die Gemeindevertreter sich für oder gegen einen Verkauf entscheiden?
Diese Frage können Sie nicht ernst meinen, es sei denn, Sie haben die Aufgabe der Gemeindevertretung nicht verinnerlicht.
Zum Wert der Immobilie und der Fläche verweise ich auf die anerkannten Bewertungsrichtlinien der ImmoWertV. Der Berechnung wird zugrundgelegt:
Restlaufzeit des Mietvertrages = 7 Jahre
Gesamtmiete/Jahr = 742 t€
Gesamtnutzungsdauer = 40 Jahre
Restnutzungsdauer = 27 Jahre
Liegenschaftszins = 6 %
Bodenrichtwert = Mischgebiet.
Demnach sprechen wir von einem Wert der Immobilien in Höhe von rund 9,4 Mio.€.
Ob ein Wertgutachten benötigt wird und wie die Verkaufsverhandlungen mit den Kaufinteressenten verläuft, entscheidet die Wohntreff GmbH.
Die Gemeindevertretung erteilt hier lediglich einen Auftrag und trifft eine grundsätzliche Entscheidung. Nicht mehr, aber vor allem auch nicht weniger