Geschichts- und Heimatverein Mainflingen
Die Geschichte über das Mainflinger Wappen, Grundlage für die Entstehung des Mainflinger Wappens, ist eine "historische" Begebenheit, die den Mainflingern den Beinamen "Schimmel" einbrachte. Näheres kann dem nachfolgenden abgedruckten Gedicht entnommen werden. Die Gemeinde hat aufgrund dieses Ereignisses den Schimmel zu ihrem Wappentier auserkoren. Einem entsprechenden Antrag der Gemeinde entsprach der Hess. Minister des Innern mit folgendem Erlaß vom 2.6.1955: Gem. § 14 Abs l HGO vom 25.2.52 (GVB1. S. 11) erteile ich hiermit der Gemeinde Mainflingen im Landkreis Offenbach, Regierungsbezirk Darmstadt, die Genehmigung, das nachfolgend beschriebene Wappen zu führen: Wappenbeschreibung: ,,In rotem Schild über einem silbernen Wollenband ein silbernes, steigendes Roß".
Der Maoflinger Schimmel"
"Es war in guter alter Zeit, kaum denkt es noch den älste Leut, do waor es noch gemietlich, dehaom, im Feld, an jedem Ort, do ging die Arbeit munter fort, und alles waor so friedlich. Uffern Mao die Schifferei war schoe, do könnt mer noch e Schiffahrt seh, de Mao eruff, erunner. Zu Tal gings mit des Stromes-Flut, es gab kein Dampfschiff, kein Getuut und kam ans, wars e Wunner. Die edle "Leinereiterei99 war bei der Schiffahrt stets debei, sie war net zu entbehre, unn mancher Schimmel, Braun unn Rapp, der zog die Mao eruff erabb und diente dem Verkehre. Denn oftmals war die Schiffahrt schwer, so'n großes aoschiffhinnerher
und mancher alte "Schlumber", von Holz natierlich, net von Blech - und war dess Schiffche oftmals loch,
gab's Arbeit für die Pumper. So ging des Fuhrwerk Tag für Tag, mit Hüh unn Hott und Peitschenschlag
bis sich die Sunn tat senke, dann war für Labsal gut gesorgt, mit Haspel, Rippcher unn mit Worscht
und allerlei Getränke. Anem Samstag war's vor uns'rer Kerb, do kam en Schimmel wom Gewerb' bei Dettinge zum Krache - Er könnt net mehr, er war ganz schlapp, der Leinereiter scherrt en ab, es war nix mehr zu mache.So blieb er leihe bis zur Nacht, und wer ihn eigentlich fortgebracht, ward nie erausgefunne. Uff jeden Fall, am and're Tag do rührt den Reiter fast de Schlag, sein Schimmel war verschwunne! Und böse Zunge kriche laut: den hunn die Maoflinger geklaut, dess ist doch leicht zu rore, die hunn doch Kerb, dess ist doch klar, der arme Gaul mit Haut und Haar ist längst en Kerbebrore. Obs aach so war kam eraus, de Volksmund mecht Geschichte draus mit all dem Kram und Bimmel. Uff jeden Fall es blieb besteh'n, selbst heut noch hört man große Tön' von dem Maoflinger ihrm Schimmel. Für uns bleibt halt der alte Klang, er hielt sich durch die Zeit so lang und wird aach weiter bleibe. Heut sinn mir u ff den Schimmel stolz, dess ist noch net dess schlechteste Holz, das kann mer unnerschreibe!"
Karl Steil sen.
Im Gedenken an Anno 1946, als der Versenschmied das vorstehende Gedicht verfaßte, läßt er im Hinblick auf die damalige ,, Lebensmittel- und Fleischmarkenzeit" in Wehmut noch nachklingen!
"Drum hoch de Schimmel, hoch die Kerb' und heut noch war es kein Verderb, hätt mer en gute Broore -
So guckt mer in sein Dippe nei und denkt, war nur ein Pünd" ehe drei, was damals ging verlöre!"
Mainflingen, Frühjahr 1946 Karl Steil jr.
Gedichtet von dem Dettinger Bürger Eduard Stock (1861-1928)
Ist der Schimmel bald fett Zwei Dörfchen, sie liegen vom Maine nicht weit, die hatten früher manch heftigen Streit. Mainflingen in der Mitte der alten Welt. wenn es auch auf der Landkarte fehlt; das alte Dettingen liegt gerade daneben, aus dem Brückenbörnchen ergänzt es sein Leben. Doch hören wir, was man erzählen thut von der Kampflust der Väter und ihrem Mut: - Jm Sommer siebenzehnhundertsieben
sah man über dem Maine drüben "st zu allen Tageszeiten n weißes Rößlein im Grase weiden. Der Schimmel, einst tapfer in Kriegesnot. erhielt jetzt im Alter das Gnadenbrod. Ein Flößer aus Kronach droben in Franken.
sah kaum den alten Häuter, den kranken. da hatt' er die Mainflinger sofort zum besten und rief: ,,lhr thut ja nen Schimmel mästen." Der Volkswitz that noch das Seine dabei, von weitem schon hörte man oft das Geschrei. Und lag man des Abends bereits im Bett. rief's noch am Main: "ist der Schimmel bald fett?"
' Doch als es mit dem Sommer zu Ende ging. war auch eines Tages die Mähre hin. Da draußen lag unter freiem Himmel eines Abends der tote Schimmel. Seit jener Zeit und jener Stund man ein weißes Pferd nicht mehr leiden kunnt. Vom hohen Rat erging der Spruch: "Wir haben jetzt grad der Schande genug."
Und jeder Schimmel, er mußte sofort ohne Pardon hinaus aus dem Ort. Denn es gab keinen Schiffsmann, der nit gerufen hätt: "Ist der Schimmel bald fett, ist der Schimmel bald fett?" Die Worte, die dabei noch der Zunge entflohn, die stehen in keinem Lexikon.Oft. wenn der Streit entbrannte gar sehr, griff man zum alten Steinschloßgewehr. Wie schwer die Mainflinger auch hatten Verdruß, stets mußten sie hören den spöttischen Gruß. So ging es fort schon hundert Jahr, kein Schimmel mehr in dem Dörfchen war. bis von Dettingen der Michel Rust mit Glanz nach Mainflingen ritt als Ordonnanz. Auf seinem Schimmel stolz und stramm der kühne Reiter den Main durchschwamm. Und wie er in majestätischem Schritt auch noch das ganze Dorf durchritt, da guckte voll Schrecken an jedem Haus aus jedem Fenster ein Kopf heraus. Und wie er genommen im Schritt die Parad, dreht er sein Leibroß und anfangs ganz stad setzt sich der mutige Reiter in Trab. So kam er dann wieder die Srraße herab, dabei schwenkt er den alten Fuhrmannshut: "Ist der Schimmel bald fett, ist der Schimmel bald gut?" Da ging durch das Dort ein Wutgeschrei: "Herbei ihr Männer! Herbei, herbei! Haltet den frechen Reiter dort! - Auf! Ihm nach! Laßt ihn nit fort. In gestrecktem Galopp, als gings zur Attacke. scnier flog ihm ein tückischer Stein an die Backe.So der Reiter in eiliger Flucht
die rettenden Ufer des Maines sucht. Hinter ihm drein in buntem Gemisch rannten sie wütend. Ein Mordsgekrisch! Doch wie mein Michel den. Main erreicht, da fühlt er sich sicher, da fühlt er sich leicht.
Und mitten heraus aus des Stromes Bett brüllt er nochmals zurück: "Ist der Schimmel bald fett, ist der Schimmel bald fett?" Beim Sittinger feierte man dann den Spaß, da machte man den Rust auch inwendig naß. Jetzt ruht er in kühler Erde schon längst, der kecke Reiter mit seinem Hengst. Er sei besungen in Lied und Gedicht.
Den alten Helden vergessen wir nicht.
Gedichtet von dem Dettinger Bürger Eduard Stock (1861-1928)
Erschienen im Beobachter am Main 1907