Die Grasbrücke

Die Grasbrücke war Teil der Bachgauer Landwehr, die im Süden des Seligenstädter Zehnts die Grenze zum Bachgau bildete. Über die Grasbrücke verlief die Hohe oder Alte Straße. Die große Zeit der Hohen Straße begann 1486 als dem Kurstaat Mainz das Recht eingeräumt wurde, Geleitzüge nur durch mainzisches Gebiet zu führen. Damit lag die Strecke fest: Stockstadt – Seligenstadt – Steinheim – Mühlheim – Offenbach und zum Schlag nach Oberrad. Hier übergaben die kurmainzischen Reiter an die Frankfurter Bürgerkavallerie.

Wenig später, gegen Ende des 15. Jahrhunderts, baut Mainz die Landwehr massiv aus. Der Ausbau führte zum Streit zwischen Hanau und Mainz, der sich über drei Jahrzehnte hinzog. Hanau wehrte sich gegen den mainzischen Geleitszwang und gegen den Umstand, dass hanauische Untertanen nicht mehr ungehindert zu ihrem Eigentum gelangen konnten.1529 wurde darüber in Frankfurt verhandelt. In den Akten wird die Brücke als „Craißbrück“ bezeichnet. In einer Karte von 1562, der Pfinzing-Karte, heißt sie dagegen Kraffts-Brücke (siehe Anlage).

Die Landwehr ermöglichte die perfekte Kontrolle über die Verkehrswege. Zudem waren außer der Hohen Straße alle anderen Wege und Straßen während der Geleitswochen gesperrt, und der Schlag an der Grasbrücke war mit Bauern des Zehntbezirks Seligenstadt besetzt.

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Fotografiert von Henry & Florian Nees

Die Brücke wurde im dreißigjährigen Krieg zerstört und 1656 wieder aufgebaut („Brücke und Schlag lagen bis 1656 ruiniert“). Den 350sten Jahrestag nahm der Geschichts- und Heimatverein Mainhausen zum Anlass, die baufällig gewordene Brücke mit einfacheren Mitteln zu stabilisieren. Eine Komplettsanierung war aus finanziellen Gründen nicht möglich.

Seit 1690 gab es auch eine regelmäßige Personenbeförderung als Reichspost von Nürnberg nach Frankfurt. Auch dieser Verkehr führte über die Grasbrücke.

An der Grasbrücke wurde auch der Mainzoll des Klosters erhoben, und hier war das Ende des Fischrechts der Seligenstädter Fischerzunft.

1802 wurden die Geleitszüge aufgehoben. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde die Grenze zum Bachgau Landesgrenze und offiziell von Zollbeamten kontrolliert. Für Mainflingen wurde ein früherer Schneider als Zöllner eingestellt, dem die Mainflinger Jugend so manchen Streich spielte. In dem Heft „Das Zollschneiderchen von Mainflingen“ hat Dr. Ludwig Seibert darüber berichtet.

Die Hohe Straße verlief von der Grasbrücke zunächst parallel zum Main (der Weg unterhalb des Schwalbennests), führt auf der Höhe des heutigen Hundesportplatzes in weitem Bogen durch die Mainflinger Gemarkung nach Seligenstadt und hatte einen Abzweig nach Klein-Welzheim. Teilstücke lassen sich noch identifizieren: hinter dem Hundesportplatz, vor dem Sportplatz und über die Römerstraße. Die Gemeinde Mainflingen erlaubte bis in die 30er Jahre keine Eingriffe in den Verlauf der Straße durch Kies- und Tonabbau. So zwang sie 1908 den Unternehmer Hinkel, seine für die Kiesverladung am Main gebaute Lorenbahn mit einem Viadukt, der „Hinkels-Brücke“ (neben der Schwalbennest-Siedlung noch vorhanden), zu überbrücken.